Der Meditation wird von allen Religionen Aufmerksamkeit geschenkt. Yogis behaupten, dass der meditative Geisteszustand der höchste Zustand des Verstandes sei. Sobald der Yogi ein Objekt zu untersuchen beginnt, identifiziert er sich mit dem Objekt und verliert dadurch für diese Zeit sich selbst. Ein Vergleich eines uralten indischen Philosophen lautet: „Der menschliche Geist ist so rein wie ein Kristall und nimmt die Farbe dessen an, was sich in seiner unmittelbaren Nähe befindet. Alles, was der Geist berührt, färbt ihn in Abhängigkeit des berührten Objektes. Darin stecken die ganze Komplexität und die Abhängigkeit“. Swami Vivekananda

Das Wort Meditation leitet sich von zwei lateinischen Wörtern ab: meditari – „meditieren“, „den Verstand trainieren“ und mederi – „heilen“. Der sanskritische Ursprung dieses Wortes ist „medha“ und bedeutet „Weisheit“. Meditation basiert auf der Konzentration des Geistes auf ein bestimmtes Objekt, einen bestimmten Klang, Bild oder auf der Atmung, es kann aber auch eine dynamische Meditation sein, wenn beispielsweise freie Bewegungen mit Musikbegleitung ausgeführt werden. In einem meditativen Zustand ist der Praktizierende durch die Distanzierung von aktuellen Geschehnissen, die ihn umgeben, gänzlich im Objekt der Meditation präsent, d.h. dass seine gesamte Aufmerksamkeit auf eine Sache gerichtet ist, sie wird nicht mehr zerstreut und versucht auch nicht mehr nach hier und dort zu greifen, sondern ist vollständig in eine einzige Richtung gerichtet.

In diesem Artikel werden wir uns mit der häufigsten Meditationsart in der buddhistischen Tradition befassen – der vipashiana oder vipassana.

Vipashiana bedeutet wörtlich „die Realität so zu sehen, wie sie ist“, mit anderen Worten, der Zweck dieser Meditation ist es, die ursprüngliche Weisheit in sich zu erwecken. Diese Praxis ermöglicht es, einerseits, in das Wesen der Dinge und der Ereignisse einzudringen – die so genannte klare Vision und das Hellsehen dessen zu entwickeln, was gerade geschieht, und zweitens, auf einer tieferen Ebene, die eigenen vergangenen Leben (Inkarnationen) zu sehen und die eigene Bestimmung für die aktuelle Inkarnation etwas näher zu verstehen. Es klingt verlockend, wie kann man aber solche Ergebnisse erreichen?

Nach außen hin sieht die Meditationspraxis ganz einfach aus: Beine übergekreuzt, Rücken gerade gehalten, Hände gefaltet und Augen geschlossen. In Wirklichkeit, sobald du deinen ersten Meditationsversuch startest, stößt du auf einige Probleme: deine Beine beugen sich kaum, der Rücken kann nicht gerade gehalten werden und die Pupillen laufen hin und her, indem sie den maßlosen Gedankenstrom beobachten. Und auch wenn alles nicht so schlimm ist und du dich sitzend beruhigt zu haben scheinst, ist es äußerst schwierig mindestens eine halbe Stunde lang in dieser Position bewegungslos sitzen zu bleiben. Deshalb ergibt sich eine logische Frage – ist es überhaupt notwendig, sich so zu quälen? Man kann sich doch genauso gut auf einen Stuhl setzen oder auf eine Couch legen und losmeditieren!? Die Antwort ist eindeutig – Sie müssen es tun!

Der Punkt ist nämlich folgender: mithilfe der Bemühungen, die man auf sich nimmt, geschieht durch die Praxis eine sogenannte „Reinigung“. Durch die Selbstüberwindung werden sämtliche Illusionen sowohl über sich selbst als auch über die Welt aufgelöst. Es scheint gar nichts auszumachen, sich für ein paar Stunden mit gekreuzten Beinen hinzusetzen, im Vergleich zum gesamten Leben ist es rein gar nichts. Wir verschwenden tagtäglich viel mehr Zeit, wenn wir uns in den sozialen Netzwerken, vorm Fernseher, in der U-Bahn oder im Stau befinden. Bringt uns aber der uns umgebende Fortschritt dem Verständnis von uns selbst und der Welt um uns herum etwas näher? Wir erinnern uns nicht einmal daran, was wir vor einer Woche so alles gemacht haben. Also, wir können uns zwar erinnern: „Ich habe mir so einen Film angeschaut“, aber was haben wir denn in Wirklichkeit währenddessen gemacht, wie haben wir gesessen und mit wem gesprochen, ob wir geatmet haben oder nicht, ob wir unsere Nägel gekaut haben oder uns gekratzt, worüber haben wir nachgedacht – an diesen Infos fehlt einfach alles! …. Wenn uns aber etwas unangenehm war: z.B. wenn es eng war oder es schlecht gerochen hat, etc. dann würden wir uns viel genauer unsere Handlungen in diesem Augenblick merken. Wenn der Mensch eine Askese, sowie zum Beispiel während einer Vipassana praktiziert, ist er wesentlich bewusster, konzentrierter und sein Geist ist reiner als sonst. Unter anderem wird bei der Durchführung von Askese das eigene Karma bereinigt. Auf unserer Homepage gibt es einige Informationen zu diesem Thema.

Es reicht jedoch nicht aus, die Aufmerksamkeit nur auf sich selbst zu lenken, es ist notwendig, das Bewusstsein immer tiefer nach innen zu richten und sich von den äußeren Reizen zu distanzieren. In den Yoga-Sutren von Patanjali wird diese Stufe Pratyahara genannt – die fünfte Stufe des Ashtanga Yoga (Der achtfache Pfad des Yoga), in den buddhistischen Praktiken wird diese Ablenkung mit der drauffolgenden Bändigung des Verstandes als „shamatha“ bezeichnet. In der buddhistischen Tradition wird das Shamatha auf einem Bild dargestellt, in dem ein Mönch einen schwarzen Elefanten verfolgt, der wiederum von einem Affen begeistert ist, aber auf ihrem Weg werden der Elefant und der Affe immer heller und anschließend ist der Affe für den Elefanten völlig egal. Der Mönch sitzt auf ihm oben drauf und sie fliegen entlang eines Regenbogens. Der Elefant symbolisiert hier den Geist, der Affe steht für rastlose Gedanken, den Mönch für den Praktizierenden und der Regenbogenflug für den Übergang von Shamatha zu Vipashiana. Shamatha ist eine Vorgehensweise für die allmähliche Reduzierung von Gedanken, für die Abstrahierung von Aufmerksamkeit und Bewusstsein von äußeren Reizen, wie z.B. Geräuschen, Gerüchen, unbehaglichem Gefühl im Körper, d.h. es ist ein Weg zum Erlangen des inneren Friedens. Danach erfolgt ein freier und sanfter Übergang zur Vipashiana.

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Während Shamatha die Praxis des inneren Friedens darstellt, steht Vipashyana für die Praxis des klaren Geistes.

Vipashyana bedeutet nicht die komplette Gedankenabwesenheit. Der Geist ist schlau und sucht ständig nach Wegen, die Aufmerksamkeit auf sich selbst zu lenken, aber während dieser Meditation ist der Praktizierende nicht in Gedanken verwickelt, sondern erkennt, von wo sie stammen, wo sie herkommen und was deren Ziel ist. Deshalb hilft Vipassana, die Ursachen und die wahren Beweggründe bestimmter Handlungen zu verstehen. Es ist so, als ob wir das Gewirr auflösen, um zu sehen, was hinter der Art und Weise steckt, wie wir leben und existieren. Dank dieser Praxis können wir uns im Gerechten etablieren und vom Falschen enttäuscht werden (das Auflösen der Täuschung des Falschen); wir können lernen, zwischen Wahrem und Falschem zu unterscheiden.

Die Vipassana ist für die Begegnung mit sich selbst bestimmt. Im Endergebnis begreift der Praktizierende, dass es keinen Sinn macht, irgendwas zu erfinden und dass es notwendig sei, sich selbst nicht mehr zu belügen. Infolgedessen gesteht er all die Fehler, die er gemacht hat, in all den Momenten, in denen er vom Egoismus geleitet wurde. All das gelangt allmählich Schicht für Schicht an die Oberfläche, was manchmal sehr unangenehm und bitter ist. Doch neben unangenehmen Empfindungen und durchdringender Wahrheit beginnt die Klarheit zu erwachen. Dabei ist es wichtig, sich nicht an das Unangenehme zu klammern, sondern zu registrieren und loszulassen. Genau auf diese Weise wird die Reinigung des Geistes von den sämtlichen Verunreinigungen stattfinden.

Man muss betonen, dass es besser ist, eine solche Praxis unter Anleitung eines erfahrenen Trainers oder eines Meisters anzufangen, also eines Jenen, der in dieser Sache Erfahrung hat und bei Bedarf einige Punkte erklären und die auftretenden Fragen beantworten kann. Derzeit sind zwei Retreats am Meisten beliebt, die zum Endziel ein klares Bewusstsein haben: die Vipassana nach Goenka und das Vipassana-Meditations-Retreat von Eugen Minz, die er in seiner Yogaschule anbietet.

Die Hauptbedingung für all diese Veranstaltungen ist die Einhaltung des Schweigegelübdes, die Teilnahme an Meditationen, die Einhaltung des festgelegten Zeitplans, sowie der Verzicht auf schlechte Gewohnheiten, wie Gewalt (einschließlich den Verzehr von Tierspeisen) und jeglicher Aktivitäten, die mit der eigentlichen Praxis nichts zu tun haben während des gesamten Retreats (der Kurs dauert von 4 bis 10 Tagen).

Der wesentliche Unterschied zwischen diesen beiden Retreats besteht darin, dass die Vipassana nach Goenka keine anderen Praktiken außer Meditationen umfasst und der Schwerpunkt wird darangelegt, damit der Praktizierende keine eingehenden Informationen von außen erhält, sodass hier jegliche Geräte, Notizbücher und Bücher entzogen werden. Bei Vipassanas der Yogaschule Minz werden zusätzlich zu den vier Stunden unmittelbarer Meditation täglich ein zweistündiger Hatha Yoga Unterricht, eine Stunde Bildkonzentration und eine Stunde des gemeinsamen Mantra „Om“ Singens durchgeführt. Es wird auch empfohlen, Pranayama (Atemübungen) zu praktizieren und die fördernde Literatur (vorzugsweise antike geistige Schriften) zu lesen, wobei dafür zwei weitere Stunden täglich, jeweils eine Stunde für jede Praxis erteilt werden. Es ist auch ratsam, keine Kommunikation mit der Außenwelt aufrechtzuerhalten, daher wird empfohlen, Handys abzustellen oder abzugeben.

Ebenso ist es wichtig, das Retreat nicht vorzeitig zu verlassen. Tatsache ist, dass das Programm auf eine bestimmte Weise aufgebaut ist und die optimale Dauer des Retreats ist festgelegt. In dieser Zeit kann eine Person bestimmte Ergebnisse nicht nur erfahren, sondern auch festigen.

Ich habe zweimal an einer Vipassana teilgenommen. Ich kann sagen, dass sich mein Leben dadurch sehr verändert hat. Ich habe Antworten auf viele Fragen gefunden und bin meinem Platz in dieser Welt in der aktuellen Inkarnation nähergekommen. Ich habe Menschen getroffen mit denen ich wirklich viel gemeinsam habe. Wenn Sie mich fragen, ob ich anderen dazu raten soll, an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen und für wen sie gedacht ist, dann lautet meine Antwort wie folgt: „Natürlich empfehle ich jedem, mindestens einmal einen Vipassana-Kurs zu absolvieren, solche Schweigeretreats öffnen einem die Augen auf sich und die Welt, entfernen eine dicke Illusionsschicht, von der die meisten Menschen umhüllt sind, sie lassen einen alles absolut neu betrachten und die eigene Lebenseinstellung überdenken, sowie eine tiefe innere Weisheit erwecken, die von einem Leben ins andere mitübergeht“.

Obwohl es so aussehen mag, als ob Meditation nicht zu unseren Traditionen gehöre und etwas ist, was aus Tibet oder Indien kommt. In der Tat stimmt es nicht ganz, in fast allen Religionen kommen meditative Praktiken vor. Daher passt die Vipassana für Menschen jeglicher religiöser Anschauung und Überzeugung.

Ich rate Ihnen ganz offenherzig, sich in der Vipassana auszuprobieren. Diese Tage sind nichts im Vergleich zu einem ganzen Leben und die Ergebnisse bleiben meiner Meinung nach für mehrere Inkarnationen bestehen.

Om!

Mehr Infos über die Vipassana und die Termine findest Du hier!