“Ich habe keine Zeit für Yoga!”
Diesen Satz höre nicht nur ich als Yogalehrer, sondern vor allem die Teilnehmer meiner Kurse, die hin und wieder versuchen, einen Freund, Freundin, Familienmitglied ins Yoga mitzubringen. Wenn wir die uns zur Verfügung stehende Zeit betrachten und von einer Woche ausgehen, hat eine Woche 168 Stunden. Eine Yogaeinheit, die 1,5 Stunden dauert, ist weniger als ein Hundertstel davon. Das muss man sich erstmal durch den Kopf gehen lassen. Es gibt keine Möglichkeit, ein Hundertstel seiner Zeit dafür zu verwenden, um das vielleicht Wichtigste in seinem Leben zu tun? Klar wird man sagen: “Es ist die Arbeit da, die Familie und alle anderen üblichen Verpflichtungen!”
Buddha sagte aber: „Meditiere eine Stunde am Tag. Wenn du keine Stunde am Tag zum Meditieren hast, meditiere zwei Stunden.“
Was bedeutet dieser Spruch. Wir holen ein bisschen aus und betrachten ein Zitat von einem meiner Yogalehrer, einem Mann, der viele Grundsteine für das westliche Yoga gelegt hat und mittlerweile über eine mehr als 40-jährige Yoga Praxis verfügt.
„Die Erarbeitung der struktur-energetischen Gestaltung einer neuen Qualität des Bewusstseins ist der einzige Sinn und Resultat des Lebensprozesses als solches.“ Andrei Siderski
Den Satz müsste man vielleicht zweimal durchlesen, bevor man ihn versteht. In unserer westlichen materialistisch orientierten Welt, sind aus unsrem Leben Begriffe, wie „die geistige Praxis“, „Selbstentwicklung“ und „Selbstvervollkommnung“ fast vollständig verschwunden. Wonach man gemessen wird, ist das Einkommen und der berufliche Status. Jedoch werden dabei, die wichtigsten, also die inneren Aspekte unseres Daseins vernachlässigt. Sehr viele reiche Menschen, sind oft sehr krank und unglücklich und das Erreichen des angestrebten Status in der Gesellschaft, macht sie auch nicht glücklicher als vorher. Der Grund dafür ist, man such diese Befriedigung im Äußeren, jedoch ist sie nur im Inneren des Selbst zu finden und darum geht es im Yoga.
Das Sanskrit-Wort „yoga“ hat mehrere Bedeutungen. Wenn man aber bedenkt, dass Sanskrit genauso wie, Deutsch, Englisch und Russisch zu der indogermanischen Sprachenfamilie gehört, wird vieles klar. Im Englischen gibt es das Wort „joint“, was „Verbindung“ bedeutet, das Wort „join“, bedeutet „beitreten“. Im Deutschen haben wir das Wort „Joch“, was „Zuggeschirr“ bedeutet. Das Wort hat also in diesen Sprachen den Sinn einer Verbindung zweier Bestandteile. Aus dem Sanskrit übersetzt, bekommen wir für das Wort „yoga” die selbe Bedeutung.
Um welche Verbindung geht es denn im Yoga? Es geht um die Verbindung zu seinem höheren Selbst und das höhere Selbst ist unmittelbar mit dem Ursprung verbunden. Ob ihr diesen Ursprung als Gott, Schöpfer oder das Universum bezeichnet, ist euch überlassen. Beim Yoga geht es also nicht darum, wie in unserer westlichen Welt von den meisten angenommen, durch außergewöhnliche Übungen, seinen Körper zu verdrehen, tolle Handstände oder den Spagat zu beherrschen, das gehört eher in den Bereich Gymnastik und Akrobatik. Beim Yoga, geht es um Selbsterkenntnis. Es geht darum, durch Manipulationen mit dem eigenen Körper, eine Tiefenwirkung auf die eigene Psyche und auf die Wahrnehmung zu erreichen und dadurch eine neue Qualität des Bewusstseins zu erreichen, von der Herr Siderski in seinem Zitat oben spricht.
Woher soll man sich jetzt Zeit für das Yoga nehmen, wenn sie in unserer Zeit zu einer sehr knappen Ressource geworden ist, die man sich fast erkämpfen muss? Buddha sagt, mehr Meditation, mehr geistige Praxis. Sein Zitat bedeutet, wenn man keine Zeit für Yoga oder Meditation hat, dann läuft im Leben bereits etwas schief und es ist höchste Zeit etwas daran zu ändern. Wenn ein durchschnittlicher Mensch, zum Beispiel, morgens mindestens 30-60 Minuten meditiert, verläuft sein Tag viel effektiver und leichter. Das heißt, man schafft mehr am Tag, mit weniger Anstrengung. Das ist schon hunderte Male, von vielen Menschen, die ich kenne und vor mir selbst überprüft und bestätigt worden.
Ein andrer Mechanismus, über den ich hier auch schreiben möchte ist der, dass wenn man zum Beispiel heute die Möglichkeit hat, Yoga zu praktizieren und diese Möglichkeit nicht wahrnimmt, diese nicht so schnell wiederkommt. Man denkt sich: „ich gehe nächste Woche“. Die nächste Woche ist da und es klappt wieder nicht, weil sich die Realität auch nun mal ändert und nicht immer so, wie wir es uns vorstellen. Auch hier könnte ich über etliche Beispiele berichten.
Ein anderes Sprichwort aus dem Buddhismus lautet: „Wenn Du deine Praxis auf morgen verschieben willst, könntest Du plötzlich feststellen, dass Dir das Leben entglitten ist“.
Dieses Zitat bedeutet ungefähr das Gleiche, wie die anderen. Im Gegenteil der allgemein geltenden Dogmen über die Werte, die man im Leben verfolgen muss, die schon oben kurz angesprochen wurden, haben wir hier auf der Erde im menschlichen Körper die Möglichkeit uns geistig (meinetwegen auch spirituell) weiterzuentwickeln, also alle nötigen Voraussetzungen.
Den darum geht es nämlich im Universum, um Evolution und jeder einzelne von uns, als Tropfen dieses unendlichen Ozeans, sollte mitevolutionieren. Jedoch ist das kein Prozess, der von selbst stattfindet. Man muss dafür etwas tun, man muss sich zusammenreißen, überwinden und an sich arbeiten.
Hier fällt mir ein weiteres Zitat von einem anderen meiner Yogalehrer ein: „Jeder liebt es Schlitten zu fahren, doch keiner mag es, den Schlitten den Berg hochzuziehen“. Andrey Verba
Und darum geht es im Yoga, „den Schlitten hochzuziehen“, um auf einen anderen Energielevel zu kommen, es geht um geistige Evolution, um Selbsterkenntnis und spirituellen Wachstum. Ein gesünderer Körper, mehr Beweglichkeit und Ausdauer, eine bessere Funktion der Sinnesorgane und ein verjüngender Effekt, sind nur positive Nebeneffekte, die gleichzeitig erreicht werden.
Bitte versucht das zu beherzigen.
Wir sehen und im Yogastudio….
Eugen Minz